Die Cornely-Maschine

Cornely-Maschine

In den 1860er Jahren tüftelten Erfinder an der Konstruktion einer Maschine, bei der Kettenstiche nicht als Nähstiche, sondern als Zierstiche ausgeführt werden. Gerade im Vogtland und Erzgebirge, wo die Kettenstich-Stickerei mit der Hand (Tambourieren) weit verbreitet war, baute man erste Tambourier-Maschinen. Diese Freiarm-Maschinen waren komplizierte Geräte, die sich im praktischen Betrieb nicht bewährten.

Im technisch hoch entwickelten Frankreich dachte man damals ebenfalls über Tambourier-Maschinen nach. So befasste sich auch der junge Schlosser Antoine Bonnaz (1836-1915) Anfang der 1860er Jahre mit der Verbesserung der Kettenstich-Maschine. Dabei erfand er einen Mechanismus für den Stofftransport mittels einer Kurbelsteuerung. Damit war eine gleichmäßige Stoffführung in alle Richtungen während des Stickens möglich. Das französische Patent Nr. 59721 vom 18. April 1863 gilt als Erfindung der Kurbelstickmaschine.

Im Jahr 1866 kommt der junge Erfinder in Kontakt mit Max Carl Gritzner (1825-1886). Zu diesem Zeitpunkt ist Gritzner bereits Generalvertreter der amerikanischen Nähmaschinenfirma Willcox & Gibbs in Europa. Am 6. Dezember 1866 schließen Gritzner und Bonnaz eine private Vereinbarung über die Produktion und den Verkauf der Bonnaz’schen Kurbelstickmaschine. Bonnaz räumt Gritzner darin das alleinige Recht zum Verkauf seiner Maschine in Frankreich und Spanien ein. Im Gegenzug erhält Bonnaz einen Bonus auf jede verkaufte Maschine von 50 Franc.

Um die Herstellung der Maschine zu erleichtern richtet Gritzner 1867 in Paris eine Werkstatt ein, Werkstattleiter wird Antoine Bonnaz. Allmählich kommt die Produktion in Gang und bis April 1868 hatte Bonnaz 26 Maschinen an Gritzner ausgeliefert. Bonnaz tüftelt ständig weiter an seiner Erfindung und verbessert so die Funktionsweise. Eine erste Patentergänzung reicht Bonnaz bereits 1866 ein. Weitere Modifikationen machen die Maschine endgültig industrietauglich, sie sind im Patent vom Juli 1868 beschrieben.

Ende der 1860er Jahre übernimmt der gebürtige Deutsche Emile Cornely (1824-1913) von Gritzner die Generalvertretung von Willcox & Gibbs für Europa. Die bisher gültige, private Vereinbarung mit Bonnaz aus dem Jahr 1866 wird am 24. Dezember 1869 durch einen notariellen Vertrag ersetzt. Im wesentlichen ist es eine Fortsetzung der bisherigen Vereinbarung. Anstelle von Gritzner erhält nun Cornely das alleinige Rechte auf Herstellung und Vertrieb der Maschine. Bonnaz kassiert 50 France Bonus je verkaufter Maschine und bleibt von sonstigen Kosten verschont.

Was für beide Vertragsparteien nicht vorhersehbar war, ist der um 1870 einsetzende geschäftliche Erfolg der Kurbelstickmaschine. Das führte zu Streitigkeiten zwischen Bonnaz und Cornely um vertragliche Auslegungen, was 1874 in einen Rechtsstreit mündet. Bonnaz beantragt nun die Kündigung der 1869 gewährten Übertragungsrecht an Cornely (1).
Schließlich muss ein Expertengutachten zu rate gezogen werden. Im Ergebnis der 1876 erfolgten Rechtsprechung werden die vereinbarten Übertragungsrechte der Maschine an Emile Cornely bestätigt und jegliche Schadenersatzforderungen von Bonnaz abgewiesen (2).

Das Ergebnis des Prozesses mag für Antoine Bonnaz eine herbe Enttäuschung gewesen sein. Er hatte damit wesentliche Teile seiner Patentrechte endgültig an Cornely verloren, behielt jedoch die Boni-Zahlung. Der Erfolg der „Cornely“-Maschine war in den folgenden Jahren überwältigend. Bereits 1875 hatte Cornely ca. 6.000 Maschinen verkauft. Somit waren auch Boni in Höhe von 300.000 Franc an Bonnaz geflossen.

Literatur/Quellen:
(1) Conclusions pour Cornèly contre Bonnaz (1875): https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k1508745v
(2) Rapport d’experts par MM. Pierre Celliez, Jousselin, Lemoine – dans l’affaire Bonnaz contre Cornely (1877): https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k320982c

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