Die Anfänge der Kurbelstickmaschine

Kurbelstickmaschine

Eher im Schatten der vogtländischen Stickerei- und Spitzenindustrie entwickelte sich die Stickerei mit Kleinstickmaschinen. Die Kleinstickerei wurde der Konfektion zugeordnet. Dabei wird oft übersehen, dass gerade im Vogtland und Westerzgebirge die Produktion mit Kleinstickmaschinen erhebliche Ausmaße erreichte und bei einigen Erzeugnissen mehr als 90% der Wertschöpfung ausmachte.

Eine besondere Kleinsticktechnik ist die Kurbelstickerei. Sie wird oft auch als Kettenstich-Stickerei oder als Tambourieren bezeichnet und – im Gegensatz zur Plattstich-Stickerei – mit einer Häkelnadel ausgeführt. Als diese Sticktechnik 1775 von Klara Angermann (1754-1809) in Eibenstock eingeführt wurde, schuf dies einen neuen, für die Region äußerst gewinnbringenden Erwerbszweig.

Mit der aufkommenden Industrialisierung im Textilgewerbe fehlte es nicht an Versuchen, das Vernähen von Stoffen zu mechanisieren. Allein zwischen 1830 und 1845 wurden in England, Frankreich und Amerika über 30 Patente auf „Nähmaschinen“ erteilt, die nie eine Produktionsreife erreichten.

Lediglich eine Erfindung hatte bereits damals eine praktische Bedeutung, die des französischen Schneidermeister Barthélemy Thimonnier (1793-1857). Er entwickelte 1829 eine aus Holz gefertigte Maschine, die mit einem Kettenstich nähte. Im Jahr darauf gründete Thimonnier in Paris eine Fabrik, die seine Nähmaschine herstellte und in der gleichzeitig mit diesen Maschinen Uniformen geschneidert wurden. Die Pariser Schneider sahen darin eine Bedrohung ihrer Existenz und schon 1831 zerstörten Maschinenstürmer die erste Nähmaschinen-Fabrik. Doch die prinzipielle Funktionsweise des mechanisierten Kettenstiches hatte ihre Bewährungsprobe bestanden. Mehr eben nicht. So war der Stofftransport noch völlig ungelöst, er wurde mit Hand ausgeführt.

Bei den Nähmaschinen machte schließlich die Doppelsteppstich-Maschine von Elias Howe (1819-1867) das Rennen, die 1846 patentiert wurde. Das Stichbildungsprinzip übernahm die Singer Company und vermarktete es erfolgreich. Die Thimonnier‘sche Kettenstich-Maschine schien damit in Vergessenheit zu geraten, zumal der Stofftransport weiterhin unzureichend war. Erst 1863 gelang dem französischen Schlosser Antoine Bonnaz (1836-1915) der entscheidende Durchbruch. Er entwickelte für die Thimonnier‘sche Maschine einen Transportmechanismus mittels einer Handkurbel. Mit dieser genialen Erfindung wurde die Kettenstichmaschine nun praxistauglich. Der Kurbelmechanismus zur Steuerung der Maschine erregte damals unter den Zeitgenossen großes Aufsehen.

Bonnaz verkaufte 1865 sein Patent an den Pariser Fabrikanten Emil Cornely (1824-1913), einem geborenen Deutschen, der die Maschine nun unter der Bezeichnung „Bonnaz Kurbel-Stickmaschine“ auf den Markt brachte. So wandelte sich die ursprüngliche Kettenstich-Nähmaschine zu einer Kurbel-Stickmaschine, die einen Zierstich erzeugt. In den späten 1860er Jahren begann der Siegeszug dieser interessanten Maschine, die später auch unter dem Namen „Cornely“ bekannt wurde. Sie kam damals in Frankreich, der Schweiz, aber auch im Westerzgebirge und Vogtland vor allem in der Gardinenstickerei zur Anwendung.

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